- Januar 2016, 70. Jahrestag der Befreiung des KZ’s Auschwitz.
Einige Schüler, Eltern und Lehrer des „Gedenkstättenfahrt-Projektes“ sind am Mittwoch den 27.01.2016 nach Göttingen zu einem Zeitzeugengespräch mit dem 1932 geborenen Bert Woudstra gefahren, welches gegen 19:00 Uhr im alten Rathaus in
Göttingen stattfand.
Zunächst wurde die Veranstaltung mit einigen Worten von Dr. Dietmar Sedlaczek eingeleitet und auch im Nachhinein moderiert. Nach dieser kleinen Einführung wurde das Gespräch in Musikalischer Form von Karsten Heckhausen (Cello) und Beate Quaas (Klavier) eröffnet die mit, zum Thema passenden Stücken, eine Atmosphäre schufen, der Worte nicht mächtig gewesen wären.
Bert Woudstra begann damit unter dem Leitsatz „Dem Überleben einen Sinn geben“ einige Worte zur aktuellen Flüchtlichsproblematik zu sagen, die er mit der Bitte zu helfen und vor allem auch zu akzeptieren in Verbindung brachte.
Woudstra wurde 1932 von einer Jüdischen Mutter in Enschede in den Niederlanden geboren. Seine Eltern waren Besitzer einer kleinen Damen Mode Boutique in der Einkaufsstraße ihrer Heimatstadt. Sie lebten in einer Wohnung in dem Haus über dem Geschäft und wollten in ein eigenes Haus umziehen. Er hatte eine glückliche Kindheit, ein glückliches Leben, bis zu jenem Tag. Dem Tag an dem die Deutschen in die Niederlande einfielen.
Sein Vater wurde als erster mit einigen anderen Männern aus Enschede gebracht, und wie Woudstra sehr viel später auch erfuhr, ermordet. Er und seine Mutter blieben allein zurück. Ein befreundeter Zahnarzt hat den beiden höchstwahrscheinlich das Leben gerettet, indem er sie vor einer bevorstehenden Razzia warnte, von der er nur durch Zufall erfuhr. Bert wurde von seiner Mutter getrennt versteckt und wechselte damit zum ersten Mal die Haustüre. Er und seine Mutter mussten innerhalb von 3 Jahren 13-mal die Haustüre wechseln, immer auf der Hut vor Verrätern und Nazis. Sie waren zwischenzeitlich sogar in Madrid in Spanien, mussten von dort allerdings auch wieder fliehen weil anscheinend etwas schief ging.
Im Anschluss an seine Erzählungen begann das eigentliche Gespräch in Form einer ‚Frage-Antwort-Runde, in der neben Details zur Geschichte auch wieder aktuelle Politische Themen behandelt wurden.
Alle Augen im Saal hingen förmlich an seinen Lippen während er erzählte. Scheinbar waren wir nicht die einzigen, die ziemlich überrascht waren. Als wir uns im Nachhinein über das Gehörte ausgetauscht haben, fiel uns allen eine Gemeinsamkeit auf: Wir hatten irgendwie alle erwartet, dass Woudstra ein verbitterter Mann ist nach all dem was er erleben musste. Dem war allerdings nicht so! Es schien eher als sei er ein weltoffener Mann der uns zeigte, dass man auch trotz solcher Erlebnisse sein Lächeln behalten kann.
Alles in allem, ein extrem aufschlussreicher und informativer, sowie auch ein sehr überraschender Abend!
Bericht: Amely V., Jg. 10